Der Mangel an Busfahrern aus Fachkräftemangel wird von der SPD gegen eine Bus-Lösung angeführt: Je mehr Fahrgäste es gibt, desto mehr Busse müssen eingesetzt werden und desto mehr Busfahrer werden benötigt. Eine Stadtbahn würde dagegen Personal einsparen. Tabea Philipp-Beeck, mobilitätspolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion, erklärt dazu "Unser gemeinsames politisches Ziel ist, die Zahl der Nutzer*innen des ÖPNV zu verdoppeln. Dass das nicht allein durch den Ausbau des Busverkehrs gelingt, hat das Gutachten eindeutig gezeigt. Dies leuchtet allein deswegen schon ein, da wir bereits jetzt zu wenig Busfahrer*innen haben, um das ganze Busnetz zu bedienen" (Pressenotiz: Die Stadtbahn bringt den Nachverkehr der Zukunft).
Damit wird klar: Die Verdoppelung der Fahrgäste auf 200.000 pro Tag ist ein politisches Ziel und entstammt nicht aus einer Bedarfs- oder Nachfrageanalyse. Es ist weltweit nicht ein einziger Fall bekannt, bei dem es aufgrund der Einführung einer Stadtbahn zu einer Verdoppelung der Nachfrage gekommen wäre. Das Gegenteil ist aber einfach zu recherchieren. Z.B. Lübeck, Hagen, Regensburg und Wiesbaden haben die Einführung einer Stadtbahn unter anderem abgelehnt, weil die Nachfrageerhöhung nicht nachvollzogen werden konnte. Auch in Frankreich, das Land mit den verordneten Stadtbahnen ist kein einziger Fall für eine Verdoppelung bekannt (siehe unseren Beitrag zu Montpellier).
Abgesehen davon, dass dieses politische Ziel unrealistisch ist, wurde es auch nur aus Gründen der Klimaneutralität formuliert. Dazu haben wir auf dieser Seite bereits Stellung genommen unter „Kiel soll durch die Stadtbahn bis 2050 klimaneutral werden. Unterstützt GrueKoS das?“.
Aber was wäre, wenn man doch mehr Busfahrer bis 2030 benötigen würde? Öffentliche Arbeitgeber wie der KVAG müssten Wege finden, um im Wettbewerb mit anderen Unternehmen um die Anstellung neuer Mitarbeiter zu bestehen. In der Kieler Stadtratsversammlung vom 19.9. (Punkt 13.5., Drucksache 0884/2024) wurde bereits ausgeführt, dass diverse Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen angeschoben oder umgesetzt wurden. Ver-di, die Gewerkschaft der Busfahrer, wird bestimmt auch gute Vorschläge dazu haben. Auch könnten ein paar € von den Millionen €, die weiterhin in die Stadtbahn fliessen würden, an die Busfahrer verteilt werden.
Anscheinend sieht aber nur die SPD ein Problem bei der Rekrutierung der Busfahrer. Denn gleichzeitig mit der Einführung der Stadtbahn, welche spezialisiertes Personal benötig, um die 45 Fahrzeuge, den Betriebshof und die Organisationsstruktur der Stadtbahn zu bewirtschaften, soll im selben Zug sowohl den Takt der Busse „von 15/30 Minuten auf 10/20 Minuten“ verkürzt, als auch die Anzahl der Buslinien von 29 in 2022 auf „insgesamt 44 Buslinien“ personalintensiv ausweitet werden (Trassenbericht Anlage 3, Zukünftiges Busnetz ohne HOV-System, S.21 und 66). Dies ist mit der KVG, dem EBK und dem Oberbürgermeister vollständig abgestimmt worden.
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In Berlin haben Straßenbahnverlängerungen zu mehr als doppelt so vielen Fahrgästen geführt wie erwartet: https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/strassenbahnlinie-m10-nach-moabit-immer-voller-und-immer-langsamer-li.2208293
Solche Beispiele findet man von Linien aus fast jeder Metropole mit neuen Straßenbahnlinien. Sie dürfen sich nicht nur Beispiele angucken, die Ihnen ideolgisch in den Kram passen.
Hallo Lea,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Leider können wir die von Ihnen verlinkte Quelle nicht öffnen. Ihre zitierte Aussage „mehr als doppelt so viele Fahrgäste wie erwartet“ wird sicherlich richtig sein.
Die Aussage unterscheidet sich aber grundlegend von dem politisch gesetzten Ziel der Stadt Kiel „die Fahrgastzahlen sollen sich nach Einführung der Stadtbahn verdoppeln“.
Beispiel:
Heute sind 100 Studierende immatrikuliert. In den vergangenen Semestern haben sich jeweils 25 neue eingeschrieben. In diesem Semester sind es plötzlich 50. Das sind doppelt so viele wie erwartet, aber keine Verdoppelung auf 200.
Können Sie uns ein Beispiel für eine Verdoppelung nennen? Die Stadt Kiel konnte das nicht.
Mit freundlichen Grüßen
GrueKoS