Wir unterstützen den Ausbau des bestehenden Bussystems, wie es die stadteigenen Gutachter vorschlagen. Es soll von 29 Linien in 2022 auf 34 Linien ausgebaut werden, welches „einer Leistungssteigerung von etwa 65 %“ entspricht. Dieses ist für nur 45 Mio.€ kurzfristig und ohne gravierende Baustellen möglich (Trassenstudie, AP E-123.2 Zukünftiges Busnetz ohne HÖV-System, S.108).
- Die Busse werden laut KVAG bis Ende 2030 komplett auf klimaneutrale alternative Antriebe umgestellt. Damit einher geht auch die Reduktion des Geräuschpegels im Fahrbetrieb.
- Die Modernisierung der Busse geht auch einher mit einen höheren Einsteige-, Umsteige- und Fahrkomfort, um weitere Fahrgäste zu gewinnen. Die heutigen e-Busse liefern dazu bereits ein sehr gutes Ergebnis. Alle Haltestellen und Busse sind dann auch komplett barrierefrei, wie es das Personenbeförderungsgesetz vorschreibt. Der KVAG Plan schliesst auch dies bis Ende 2030 ein.
- Für die 2% aller Fahrten, bei denen eine Überlastung der heutigen Busse zu verzeichnen ist (siehe Fahrgastprognosen), werden die betroffenen Busse durch die neuen Linien entlastet und im Straßenverkehr Priorität erhalten, um eine höhere Beförderungsgeschwindigkeit zu erreichen. Maßnahmen dazu sind z.B.:
- Nur zu den Hauptverkehrszeiten eine automatische Ampelschaltung die das Herannahen eines Busses erkennt oder längere Rotphasen für den querenden Verkehr zur Busspur.
- Durchgehende Busspuren auf den Hauptverkehrskorridoren mit baulicher Abtrennung an Punkten, bei denen es häufiger zu Konflikten mit dem motorisierten Individualverkehr kommt.
- Nach Umsetzung obiger Maßnahmen könnten die weiterhin kritischen Haltestellen verlängert werden, so dass mehr Busse dort halten können.
Mit dieser Lösung werden alle Ziele der Stadt laut Gutachter komplett erreicht, sie ist pragmatisch, greift auf bewährte Technik zurück, lässt sich Schritt für Schritt je nach Bedarf und Kassenlage umsetzen, löst das 2% Überlastungsproblem und hat nur minimale Auswirkungen auf den Verkehr.
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Kommentare
Zu 1. Der Geräuschpegel bei mit Batterie betriebenen Fahrzeugen ist nur bei geringen Geschwindigkeiten geringer als bei Motorfahrzeugen. Auf Straßen mit höheren Geschwindigkeiten, also genau dort, wo die Lärmbelästigung vorliegt, entstehen durch die Laufgeräusche der Batteriefahrzeuge ähnliche hohe Lärmpegel wie bei Motorfahrzeugen und bringen da keinen Vorteil.
Zu 2: den höheren Fahrkomfort hat eindeutig die Straßenbahn. Wer einmal in einem wippenden Gelenkbus gefahren ist, der braucht ein Experte im Bereich Mobilität zu sein, um das zu erkennen. Bei der Straßenbahn "läuft es wie auf Schienen".
Zu 3. Der Stau in Kiel ist nun jedem Autofahrer bekannt, der in der Spitzenzeit durch Kiel muss. Wenn die Busse dort im Verkehr mitfahren kann durch Priorisierung an der Ampel einiges erreicht werden - aber das Erreichbare ist nicht unbegrenzt. Das gilt allerdings auch für Dieselbusse und bereits für die Zeit heute. Die Priorisierung der Busse ist oft kein technisches, sondern ein verkehrspolitisches Problem. Bei der 100 %tigen Priorisierung der Busse entsteht oft das Dilemma, dass im Gegenzug für den restlichen Fahrzeugverkehr so lange Wartezeiten entstehen, dass diese a) als unverhältnismäßig bewertet werden und b) den Stau in der Stadt verschlimmern. Denn grundsätzlich fahren Busse normalerweise dort, wo die Autos auch fahren. Im Gegenzug fährt die moderne Straßenbahn weitgehend in eigener Trasse und teilt sich den Platz mit dem Auto nur an Knotenpunkten. Es ist also viel einfacher und effektiver, die Priorisierung für die Tram als für die Busse zu machen.
Zu 4. Der Platz für die Haltestellenerweiterung ist immer eine Herausforderung. Denn dieser Platz ist gerade in Innenstädten nicht vorhanden. Wenn die Bushaltestellen verlängert werden, um mehr Busse aufzunehmen, dann muss vermutlich etwas bereits vorhandenes weichen. Weiterhin müssen sich weitere Busse in den Verkehr eingliedern. In Luxemburg gab es am Ende so viele Busse, dass alte Fotos die Straßen voller Busse zeigen. Die Kapazität eines jeden Verkehrsmittels ist begrenzt. Und eine Tram ersetzt mehrere Busse gleichzeitig. Luxemburg hat sein Problem in der Innenstadt über die Tram gelöst.
Die von ihnen vorgeschlagene Lösung ist keine. Es geht auch nicht um Klimaneutralität allein, sondern um die Mobilität der Zukunft. Die Weichen, die heute gestellt werden, entscheiden über Mobilitätsangebote der nächsten Jahrzehnte. Nach ihrem Denken hat Kiel heute und auch in Zukunft kein Mobilitätsproblem. Das ist sehr kurzfristig gedacht und gegenüber kommenden Generationen verantwortungslos. Was für das Klima gut ist, das ist nicht automatisch gut für die Herausforderungen der Mobilität. Ein Bus mit Batterieantrieb und ein Dieselbus sind Busse, die in beiden Fällen den gleichen Platzbedarf haben und sich ähnlich im Verkehr bewegen. Soweit ich weiß, hat Kiel auch die Buslösung untersuchen lassen, ein sog. BRT - Bus Rapid Transport System. Fazit: erreicht die nötigen Kapazitäten nicht und ist nicht förderfähig. Sie schlagen also ein schlechteres System als die Straßenbahn vor und dafür muss sich die Stadt dann wesentlich höher verschulden als bei der Tram, weil die Tram gefördert wird und das BRT nicht. Also für weniger Fahrkomfort mit einer weniger zukunftsfähigen Lösung und absehbaren Kapazitätsproblemen eine höhere kommunale Verschuldung aufzunehmen, das ist nun wirklich Unsinn. Es scheint, als hätten Sie sich mit der Materie nicht ausreichend beschäftigt oder Sie bewerten die überwiegenden Vorteile für die Tram dennoch negativ.
Sehr geehrter Herr Reuss,
danke für Ihren sehr ausführlichen Kommentar. Sie sind laut Google ein Experte in Sachen Stadtbahn.
Bevor wir auf Ihre einzelnen Punkte eingehen: Das Kernziel der Stadt Kiel ist die Klimaneutralität bis 2050. Wir belegen, dass sich Klimameutralitöt ohne Stadtbahn erreichen lässt (siehe Beitrag vom 1.10.). Darüber hinaus soll eine Lösung für Überlastungen im Kieler Busnetz gefunden wird. Wir belegen, das die Überlastung der Kieler Busse auf Basis der Kiel-eigenen Grundlagenstudie 2019 höchstens 2% ist (siehe weiteren Beitrag vom 1.10). Aus beiden Beiträgen wird deutlich, dass Kiel keine Stadtbahn benötigt.
Wir schätzen dennoch Ihre Einwände und möchten darauf eingehen:
1. Lärmbelästigung: Die geplante erste Trasse führt mitten durch die Kieler Innenstadt. Daten zur Durchschnittsgeschwindigkeit liegen uns nicht vor, vielleicht können Sie da helfen. Zu erwarten ist, dass e-Busse in diesem Gebiet wegen der vielen Haltestellen und Ampeln im Durchschnitt kaum mehr als 20Km/h fahren werden, ein Bereich in dem die Geräusche deutlich geringer sind als die von Dieselbussen. Bis 2030 will die Kieler KVAG alle Fahrzeuge auf alternative Antriebe ungerüstet haben. Also wird der ÖPNV wird im Vergleich zu heute in Kiel deutlich leiser.
2. Fahrkomfort: Für die Stadtbahn wird eine eigene Trasse quer durch Kiel gelegt. Wenn das Wippen der Busse ein großes Problem wäre, dann würde eine eigene, neu verlegte, ebene Bustrasse ohne Schlaglöcher, abfallende Straßenseiten und Gullideckeln das Wippen deutlich verringern.
3. Verringerung der höchstens 2% Überlastung: Hier stimmen unsere Positionen grundsätzlich überein: Eine Priorisierung würde das Problem weiter reduzieren, wir möchten ebenfalls keine 100% Priorisierung, wir halten eine bauliche Trennung höchstens an neuralgischen Knotenpunkten für sinnvoll. Nicht verstanden haben wir Ihren Punkt „grundsätzlich fahren Busse normalerweise dort, wo die Autos auch fahren. Im Gegenzug fährt die moderne Stadtbahn weitgehend in eigener Trasse und teilt sich den Platz mit dem Auto nur an Knotenpunkten“. Die Stadtbahntrassen würden in Kiel ausschliesslich auf bestehenden Straßen (z.B, die Holtenauer Strasse) mit bestehendem Kreuzverkehr gebaut. Auch e-Busse könnten eine eigene Trasse erhalten. Wo wäre da ein Vorteil für die Stadtbahn?
4. Haltestellenverlängerung: Die Stadtbahn soll nach neuesten Planungen 45m lang sein. D.h. dass ALLE Haltestellen an den geplanten Trassen mindestens 45m lang werden müssen. Für die vorgeschlagene e-Bus-Lösung könnten nur die Haltestellen entlang der - nochmal wiederholt - maximal 2% überlasteten Streckenabschnitte verlängert werden. Nur ca. 60% dieser Haltestellen der höchstens 7 betroffenen Buslinien kämen für diese Maßnahme in Frage. Zu Semesterferien, an Wochenenden und an Wochentagen außerhalb der Stoßzeiten könnten kürzere Busse flexibel eingesetzt werden. Warum sollte Kiel bei 98% aller Fahrten, die nicht an die Auslastungsgrenzen gehen, eine Straßenbahn einsetzen, die die Kapazität mehrerer Busse hat?
5. Zukunftssorgen: Nach Angaben der Kiel-eigenen Prognosen bleibt die Bevölkerungszahl in Kiel gleich, aber altert. Die Babyboomer gehen in Rente, die Arbeitnehmer heute können vermehrt flexibel arbeiten oder ganz von zu Hause (Homeoffice), die Digitalisierung nimmt fortwährend zu, d.h. wir shoppen von zu Hause und gehen kaum zur Bank, usw.. D.h., die heute maximal 2% Überlastung der Busse wird weiter abnehmen, da immer mehr Personen die Hauptverkehrszeit bei den einzig betroffenen 7 Buslinien vermeiden können. Die übrigen 22 Buslinien haben ja nie eine Überlastung.
6. Finanzierung: Ja, die Stadt hat die e-Busse mit der Stadtbahn verglichen (BRT und e-Busse unterscheiden sich deutlich voneinander, wir sprechen von e-Bussen). Die Betriebskosten sind für die e-Busse geringer und beruhen vor allem auf höheren, aber variablen Personalkosten. Die Betriebskosten für die Straßenbahn sind höher und beruhen vor allem auf fixen Kosten. D.h., sollte die theoretisch errechnete Verdoppelung der Fahrgastzahlen nicht eintreten, dann könnten die Betriebskosten der e-Busse entsprechend gesenkt werden, die der Stadtbahn jedoch nicht. Bei der Investitionsförderung sind wir anderer Meinung: Nur der wirtschaftlichste Weg zum Ziel sollte finanziert werden, ob gefördert oder nicht.
Zusammengefasst: Aus Klima- und Kapazitätsgründen brauchen wir auch zukünftig keine Stadtbahn. Die vorgeschlagene e-Bus Lösung bietet - wenn man Äpfel mit Äpfeln vergleicht - ebenfalls eine sehr geringe Lärmbelästigung bei hohem Fahrkomfort und würde die - höchsten 2%ige - Überlastung sogar noch weiter reduzieren. Die vorgeschlagene e-Bus-Lösung ist zudem günstiger und flexibler. Zukünftige Generationen werden dankbar sein für diese bewährte, pragmatische, günstige Lösung.
Guten Tag,
ich will mich gar nicht auf alle Argumente hier beziehen aber wollte noch 3 Sachen loswerden.
Glauben die wirklich an die 2% Zahl? Das die Verkehrbüdnise hier eher das Interesse haben weniger Busse einzusetzen als mehr muss ich wohl nicht erklären. Aber es so darstellen, dass ein Bus wo jeder sitzt und 50% der Stehplätze belegt sind für die Fahrgäste ganz klar subjektiv voll ist ja noch gar nicht ausgelastet sei Grenzt an einer Frechheit. Und sie können mich jetzt anlügen und sagen, dass sie regelmäßig in Buse nahe dieser Auslastung fahren und diese nicht subjektiv für ausgelastet halten. Oder sie glauben das wirklich. Ich würde nicht wissen, was ich schlimmer fände.
Sie reden hier viel auch darüber, dass ja Buse einen ähnlichen Effekt wie die Stadtbahn haben kann auf dem Modalen split. Da würde mich ein Beispiel interessieren, wo Anpassungen rein an Buslinien einen ähnlichen Effekt gehabt haben wie eine Stadtbahn es hätte.
Zusätzlich haben wir ja eine Menge an Wiedereinführungen von Straßenbahnen weltweit gesehen (unter anderem Frankreich). Hier würde mich ein Beispiel interessieren von einer Straßenbahneinführung die im Nachhinein bereut wurde von der Stadt.
Hallo Stefan,
Danke für Ihren Kommentar. Schreiben Sie gerne mehr. Wir uns bei der Antwort Mühe gegeben. Kommen Sie bitte bei Fragen auf uns zurück.
Zur ersten Frage haben wir einen neuen Beitrag in Fragen & Antworten eingefügt.
Die zweite Frage bitte noch erläutern. Meinen Sie ob ein eBus oder eine Stadtbahn günstiger eine bestimmte Menge vom MIV verlagert bekommt?
Ihre dritte Frage ist: Welche Stadt hat die Einführung einer Straßenbahn im Nachhinein bereut?
Unsere Antwort: Vor vielen Jahren haben fast alle deutschen Städte ihre Straßenbahnen wie Kiel abgeschafft. Der Autoverkehr sollte gefördert werden. Heute möchten viele Städte sie als ‚Stadtbahn’ wieder einführen, samt Masten und Oberleitungen, Tonnen von Quarzsand zum Bremsen und Anfahren, quietschenden Schienen, denen man mit Fett begegnen muss, einer 290-fach (wirklich: zweihundertneunzig) höheren Unfallrate mit Todesfolge, mit der Abholzung von altem Baumbestand (in Regensburg hätte man für 15 Km Trasse 600 alte Bäume fällen müssen, auf die 35 Km Trasse in Kiel wären das 1400 Bäume.
Dafür werden schon jetzt allerlei Einsparungen in der Infrastruktur und Gebühren- bzw. Steuererhöhungen diskutiert. Von Zuschüssen zum Kinderessen in Schulen bis zur Hundesteuer: überall soll gespart werden. Kiel hatte noch nicht einmal Geld, um barrierefreie Bushaltestellen bis Januar 2022 auszubauen. Heute ist Kiel mit 550 Mio, € überschuldet. Kommendes Jahr sollen nochmal 87 Mio.€ dazukommen. Die Stadtbahn bedeutet eine Verdoppelung dessen auf über 1Mrd. €.
Zusammengefasst: Alle deutschen Städte scheinen damals den Bau der Straßenbahn bereut zu haben. Und die jetzt geplanten Stadtbahnen haben schon jetzt ein sehr großes Reuepotenzial.
Viele Grüße
GrueKoS