Wann werden die veralteten Annahmen der Trassenstudie zu CO2 Einsparungen der Stadtbahn mit den Zahlen aus den neuen Gesetzen und Prognosen angepasst?

Veröffentlicht am 3. November 2024 um 19:41

Hintergrund der Frage:

In der Trassenstudie, Kap. 4.5.3 „Perspektivische CO2-Einsparungen PKW Verkehr“

wird gesagt: „Angaben zu CO2-Einsparungen sind stark abhängig vom zukünftigen Elektrifizieungsgrad der PKW-Flotte und dem zum Laden dieser Fahrzeuge genutzten Strommix, zu denen im Rahmen der Trassenstudie keine belastbaren Aussagen getroffen werden können“ (Ramboll, 9.2022, S.94). Seit dieser Aussage sind die Verkehrsprognose 2040 vom Bundesverkehrsministerium sowie das Erneuerbare Energiegesetz (EEG) als belastbare Aussagen veröffentlicht worden.

 

  • Zum Elektrifizierungsgrad der PKW-Flotte sagt die Verkehrsprognose voraus, dass bis zum Jahr 2040 65% aller Autos batteriebetrieben sein werden (IntracConsult et al., S.31, Tab. 6-6). Es ist anzunehmen, das bis zum Jahr 2050, zu welchem Zeitpunkt Kiel klimaneutral werden möchte, mindestens 98% aller Autos mit elektrischem Antrieb unterwegs sein werden.

 

  • Zum Laden dieser Fahrzeuge genutzten Strommix regelt das EEG gleich in §1, Abs.2, dass: „der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch im Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (Bundesgebiet) auf mindestens 80 Prozent im Jahr 2030 gesteigert werden“ soll. Schleswig-Holstein ist im Anteil an erneuerbaren Energien den übrigen Bundesländern weit voraus. Es ist anzunehmen, dass bis zum Jahr 2050, zu welchem Zeitpunkt Kiel klimaneutral werden möchte, 100% des gesamten Stroms in Kiel aus erneuerbaren Quellen stammen werden.

 

Da nun offizielle Zahlen für die Gutachter der Trassenstudie vorliegen, müsste diese entsprechend angepasst werden. 

Laut Trassenstudie gibt es „sowohl für die Tram als auch für BRT Beispiele, die deutliche Fahrgastzuwächse und Verkehrsverlagerungseffekte zur Folge hatten“ (Ramboll, 9.2022, S.94). Dabei ist in Deutschland nicht ein einziges BRT-System eingeführt worden. Bisher hat die Stadt sich geweigert, diese zitierten Beispiele öffentlich zugänglich zu machen. Wir nehmen deshalb an, dass die Studie wie an anderer Stelle auch, einfach Zahlen von Bussen an Stelle von BRT-Zahlen genommen hat.

Bisher hat sich die Trassenstudie als Krücke zur Abschätzung der CO2-Einsparungen der verlagerten „Autofahrten pro Tag" bedient. Von der Einführung einer Stadtbahn würden 17.139 Autofahrten pro Tag auf den ÖPNV verlagert werden, während von der BRT (bzw. Busse) es 16.450 Fahrten sind (Ramboll, 9.2022, S.95). Vom Unterschied von 689 Fahrten pro Tag wären laut EEG und Verkehrsprognose 65% der Fahrten mit eAutos abzuziehen. Es blieben also noch 241 verlagerte Fahrten pro Tag übrig. Bei einem Besetzungsgrad von 1,3 Personen also 313 Fahrgäste pro Tag. Bezogen auf die heutigen 100.000 Fahrgäste pro Tag wäre ein Verlagerungs- bzw. CO2-Einsparpotential von nur 0,3% gegenüber eBussen zu erwarten. Davon müssten allerdings noch 324.738 Tonnen CO2 abgezogen werden, die beim Bau der Stadtbahn mindestens ausgestoßen werden (Gruekos). Es wäre nun spannend zu wissen, ob die Stadtbahn 2050 eher der Klimaretter oder Klimakiller sein wird.

Zusammenfassung: 

Die neue Verkehrsprognose und das EEG bieten nun offizielle Wachstumsraten für die eMobilität und die erreichbaren Anteile erneuerbaren Energien in Deutschland, mit denen die Trassenstudie angepasst werden muss. Danach könnte die Stadtbahn sich eher negativ für die Klimaneutralität Kiels auswirken. Wir bitten die Kieler Ratsversammlung, eine neue CO2 Bilanz unter Einbezug der neuen Verkehrsprognose und des EEG vornehmen zu lassen.

 

Quellen:

IntraplanConsult GmbH, TTS Triode Transport Solutions GmbH, ETR Economic Trends Research GbR, MWP GmbH, 2024, Verkehrsprognose 2040, Band 1.1Z, Gesamtüberblick, i.A. BMDV

 

EEG Gesetz, 2023, https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/EEG_2023.pdf

 

Gruekos, o.J., https://www.gruekos.de/fragen-an-die-ratsversammlung/2117655_wie-wuerde-der-nutzen-kosten-faktor-der-stadtbahn-aussehen-wenn-der-ausstoss-von-treibhausgasen-durch-den-bau-der-stadtbahn-in-deren-co2-bilanz-beruecksichtigt-werden-wuerde, abgerufen am 27.10.24

 

Ramboll, 9.2022, Endbericht Anlage 2, Bericht Systemvervleicht Tram/BRT, Trassenstudie für ein zukunftssicheres ÖPNV-System auf eigener Trasse

 

 

 

Kommentar GrueKoS:

Wir sind auf die neue volkswirtschaftliche Auswertung, die in der Antwort der Stadt Kiel angekündigt wird, sehr gespannt!

 

 

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