Hintergrund der Frage:
Klimaneutralität ist das überragende Ziel für den Bau der Stadtbahn. Da müsste es eigentlich selbstverständlich sein, über deren Auswirkungen auf die Umwelt, z.B. den Baumbestand, informiert zu werden. Kiel führt sogar auf der eigenen Seite auf „Bäume produzieren lebensnotwendigen Sauerstoff, verbessern das Klima, filtern Staub und Schadstoffe und sorgen für Luftfeuchtigkeit und -bewegung. Sie bieten Lebensraum für die unterschiedlichsten Tiere, beleben und gliedern das Stadt- beziehungsweise Ortsbild und dämpfen Lärm. Damit Bäume erhalten bleiben sind sie – vor allem in stark besiedelten Räumen – besonders geschützt“ (Kiel.de, o.J).
Die Trassenstudie widmet im Kapitel "4.1.3.5 Naturdenkmale, Bäume, Knicks“ dem Thema gerade einmal drei Absätze und schliesst mit dem Kommentar, dass Aufgrund noch nicht bekannter Trassenführung, Breite und Bauform der Oberleitungsmasten „die Auswirkungen auf den Baumbestand noch nicht sinnvoll abgeschätzt werden“ können (Ramboll, 2022, S.32).
Stattdessen wird in derselben Studie (S.41) behauptet: „Bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Planung kann durch gezielten Einsatz intelligenter Techniken und Verfahren das Maß der Auswirkungen auf Umwelt, Natur und Landschaft reduziert werden. Als ein exemplarisches Beispiel ist die Verwendung von Rasengleisen im Fall Tram zu nennen.“ Wir hoffen das die Gutachter ein paar Kilometer Rasengleise nicht als Äquivalent zu Bäumen gesehen werden.
Es wäre nach so spärlichen Kommentaren zu erwarten, das wenigstens „Die Grünen“ sich so äußern wie der BUND in München: „Es ist aber ein Unding und angesichts des Klimawandels nicht zeitgemäß, dass der Baumschutz eigentlich bei allen Planungen hinten ansteht. Bäume sind unsere grüne Klimaanlage. Sie regulieren Lufttemperatur und -feuchte in der Stadt. Deshalb dürfen Bäume nicht für die Verkehrswende unter die Räder kommen.“
Aus Stadtbahnprojekten anderer Städte heraus können leider keine zuverlässigen Abschätzungen für Kiel gezogen werden:
- Der Verlängerung der Horner U-Bahn um 1,9 Km sind 770 Bäume zum Opfer gefallen (405 Bäume pro Km)(hochbahn.de).
- In Dresden sollen 400 Bäume auf dem 1,7 Km langen Zelleschen Weg gefällt werden (235 Bäume pro Km) (Sächsische Zeitung, o.J.).
- Der Stadtbahn in Regensburg sollten auf 15 Km 600 Bäume zum Opfer fallen (40 pro Bäume pro Km) (Gleisfrei-Regensburg.de, o.J.).
- In Berlin sperrten sich Die Grünen gegen die Grüne Neuplanung der Straßenbahn nach Jungfernheide auf einer 7 Km Strecke, weil 40 Bäumen gefällt werden sollten (5,7 Bäume pro KM)(Hasselmann, 2022).
Auf die Kieler Trasse von 35,2Km übertragen, könnten hier zwischen 200 und 14.256 Bäume der Stadtbahn zum Opfer fallen. Auch zur Qualität der gefällten Bäume ist nichts bekannt. Sind es junge Bäume oder hundert Jahre alte? Um welche Sorten handelt es sich? Wie sollen sie ersetzt werden? Wie beeinflusst die Baumfällungen die Klimabilanz bzw. den Nutzen-Kosten-Faktor der Stadtbahn?
Bitte in Ihrer Antwort nicht nur den Hinweis geben „die Bäume werden an anderer Stelle in Kiel durch Neuanpflanzungen ersetzt“, so wie es bei Infrastrukturprojekte gerne gemacht wird. Bedenken Sie bitte bei Ihrer Antwort die Aussage des anerkannten Forstwissenschaftlers, Prof. Andreas Roloff: „Um die Wirkungen eines Altbaumes mit einem Kronendurchmesser von etwa 20 Metern hinsichtlich seiner Umweltleistungen wie Luftfilterung, Beschattung, Kühlung und CO2-Speicherung zu ersetzen, braucht man zirka 400 Jungbäume“ (Hasselmann, 2022).
Zusammenfassung:
Trotz der hohen Bedeutung der Kieler Bäume für unser Klima, gibt es immer noch keine Abschätzung der Anzahl der Bäume, die wir Kieler aufgrund der Stadtbahn verlieren werden. Wir fordern die Ratsversammlung auf, uns Kieler regelmäßig und in der Bedeutung des Themas angemessener Ernsthaftigkeit den Status des Baumbestandes, dessen Ersatz und dessen Auswirkungen auf den Nutzen-Kosten Faktor berichten zu lassen.
Quellen:
BUND, 2022, Der ÖPNV darf nicht zum Baumkiller werden
kiel.de, ohne Jahr, https://www.kiel.de/de/politik_verwaltung/service/_leistung.php?id=8964128, abgerufen 25.10.24
hochbahn.de, ohne Jahr, https://schneller-durch-hamburg.de/u4-horner-geest-baeume-horn-bleibt-gruen
Gleisfrei-Regensburg.de, ohne Jahr, https://gleisfrei-regensburg.de/faktencheck, abgerufen am 26.10.24
Haselmann,J., 2022, Bäume fällen zugunsten einer Straßenbahn?: Grüne stellen sich gegen Grünen-Pläne für neue Berliner Tram, https://www.tagesspiegel.de/berlin/baume-fallen-zugunsten-einer-strassenbahn-grune-stellen-sich-gegen-grunen-plane-fur-neue-berliner-tram-8656087.html, abgerufen 25.10.24
Ramboll, 9.2022, Dokumentation AP E-150, Umwelt, Natur und Landschaft, Trassenstudie für ein zukunftssicheres ÖPNV-System auf eigener Trasse
Sächsische Zeitung, o.J., Bäume pflanzen? Nein verpflanzen!, https://www.saechsische.de/lokales/dresden/baeume-faellen-nein-verpflanzen-47A4RMXZSCKWBM2F4VG7J6WUHQ.html, aufgerufen am 25.10.24
TU Dresden, 2023, 400 Jungbäume sind ein alter Baum - Dresdner Forstbaumexperte Andreas Roloff fordert mehr Achtung für die Grossen Gehölze, https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/news/400-jungbaeume-sind-ein-alter-baum-dresdner-forstexperte-andreas-roloff-fordert-mehr-achtung-fuer-die-grossen-gehoelze, abgerufen am 25.10.24
Hier ist die Antwort der Stadt Kiel:
Für jeden Planungsabschnitt werden vom Grünflächenamt sowie Umweltschutzamt Bewertungen von Bestandsbäumen vorgenommen, die in die fachgutachterliche Empfehlung einfließen und die Trassierung beeinflussen. Die Trassierungsmöglichkeiten sind von den örtlich variierenden Anforderungen an den Straßenraum sowie baulichen und technischen Randbedingungen abhängig. Grundsätzlich handelt die Landeshauptstadt Kiel bei ihren baulichen Vorhaben bei möglichen Eingriffen in Grünstrukturen nach dem Grundsatz der Vermeidung und Minimierung. Sollten dennoch Eingriffe nicht vermeidbar sein, werden diese durch Maßnahmen des Naturschutzes ausgeglichen. In der nächsten Planungsphase (Entwurfsplanung) erfolgt eine erneute Betrachtung der Baumstandorte mit einem höheren Detailierungsgrad. Zudem werden entsprechend der Vorgaben des Planfeststellungsverfahrens mögliche Umweltauswirkungen untersucht und dokumentiert.
Kommentar GrueKoS:
Leider wurde die Frage nicht beantwortet, sondern es wurde ausgewichen. Die Antwort hätte z.B. lauten können: "Die Baumfällungen sind in den jeweiligen Planungskarten dokumentiert worden und auch öffentlich einsehbar. Es wird eine entsprechende Baumbilanz geführt. Jeder Baum ist als grüner Kreis sichtbar. Wenn der Baum gefällt werden soll, dann wird der entsprechende Kreis mit einem roten Kreuz versehen. Auf dem jetzigen Planungsstand gehen wir von 7.000 Baumfällungen aus, wobei 30% Jungbäume bis zum Alter von 10 Jahren, 40% bis 40 Jahre alt sind, und 30% älter als 40 Jahre sind." Warum eine klare Antwort nicht möglich ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Tatsächlich haben wir aus den Ramboll Studien erfahren, dass es eine Baumbilanz gibt. Tatsächlich sind grüne Kreise und rote Kreuze in den öffentlich einsehbaren Planungskarten vorhanden. Eine eigene händische Zählung war uns nicht möglich, da die Karten sich nicht leicht vergrößern lassen.
Von unseren mittlerweile zahlreichen Unterstützern wissen wir, dass teilweise ganze Alleen der Stadtbahn zum Opfer fallen werden. Enthalten sind auch über 100 Jahre alte Bäume.
Wo bleiben die Umweltorganisationen und Die Grünen in dieser Frage?
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